Die Radhaube ist mehr als nur ein Teil einer Tracht ...
ein aussergewöhnliches Kulturgut der Bodenseeregion
Die Radhaube ist in der Bodenseeregion verbreitet und wird aus unterschiedlichen Materialien und in unterschiedlichen Techniken gefertigt. Etwas ganz Besonderes ist die Radhaube aus Goldlaméspitze.
eine spannende Geschichte
Alles hat seine Geschichte. Die Radhaube hat eine ganz besondere ... Eigentlich sind es zwei Geschichten. Zum einen die Geschichte der Goldspitze, die bei den aufwändigen Hauben verwendet wird, zum anderen die Entwicklung der eigentlichen Radhaube.
und allerlei Geschichten
Interessante Geschichten ranken sich um dieses einmalige Kulturgut. Ziel dieser Seite ist, diese nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
was fasziniert an diesem Trachtenstück ?
Lamèspitze - etwas Besonderes?
Von mittelalterlichen, spanischen Königsgewändern, bis zu unserer Radhaube am Bodensee heute, läßt sich die Geschichte der Lamèspitze verfolgen. An Bodenhauben im 18. Jhd. findet man sie genauso wie an jüdischen Pristergwändern im 19. Jhd. in Russland.
Stets jedoch wurde die Fertigungstechnik geheim gehalten.
Mieder aus Süddeuschland
Zeitzeugen - historische Gemälde
Was ist die "echte, orginale" Ausführung?? Wie lange gibt es die Bodenseeradhaube? Wie verbreitet war sie? Gemälde aus den vorigen Jahrhunderten sind wertvolle Zeugen und helfen uns auf der Suche nach "echt und orginal "
Bild des Feldkircher Malers Florus Scheel von seiner Tochter Claudia. Orginal im Schattenburgmuseum
Goldfäden und Silbergespinste
Aus vorwiegend sieben Goldfäden ist die Spitze der Hauben aufgebaut. Aber es gibt auch einige Hauben die in Silber ausgeführt sind. Für die artverwandte Reginahaube wurde fallweise auch gebläuter Metallfaden verwendet.
Radhaube in Silber aus Vorarlberg
jede Haube ein Unikat....Familien haben "Ihr" Motiv
In Feldkirch und wohl auch in anderen Städten rund um den Bodensee hatten Familien "ihr" Motiv. Es wurde streng darauf geachtet, dass das Design nicht kopiert wurde. Andernfalls hätte das wohl zu einem ernsten Konflikt geführt. Heute erinnern die Hauben an die alten Familiennamen in unserer Stadt. Bei einer umfassenden Recherche stellt man jedoch fest, dass die HaubenmacherInnen ein und dasselbe Motiv doch mehrfach in die verschiedenen Städte geliefert hatten.
Allgäuer Bogenlinie
Die Familie Allgäuer waren die Kaminkehrer in Feldkirch und wohnten am Ardetzenberg.
Köbhaube
Diese Rosenhaube trägt den Namen Köbhaube. Die Familie gibt es heute noch und der Name ist mit Korbwaren und Gitterzäunen verbunden.
Himmerhaube
Die Goldschmiedefamilie Himmer aus der Schmiedgasse war Jahrzehnte führend mit der Trachtengruppe verbunden.
Sag es durch die Blume....florale Motive....
Sehr viele Hauben sind mit Blumenmotiven gearbeitet, sowohl Hauben aus dem 19. Jahrhundert, als auch und ganz besonders in der Ära Enzler-Wick 1925-1975.
Rosenhaube
Die Rose ist das meistgewählte Motiv. Hier ein Beispiel aus St.Gallen mit einer Rose
Rosenhaube
Darf es etwas mehr sein? Drei große und 6 kleine stilisierte Blüten.
Rosenhaube
Eine Haube von Rosa Enzler-Wick aus den 1950-er Jahren fünf Rosen mit Bogen eingerahmt. Von Frau Wick gibt es Hauben mit Designs von einer bis sieben Blüten.
Rosenhaube
Wir alle haben eine Leidenschaft für etwas. Das hier ist meine! Vor Jahren habe ich diese Haube entworfen und ausgeführt.
Gücksklee
Meist sind die Muster exklusiv nur einmal ausgeführt. Dieses Muster gefiel offensichtlich besonders. Es wurde vielfach vom 19. bis ins 21. Jahrhundert ausgeführt.
Ringelblume
Manchmal braucht man etwas Phantasie. Montfort-Ringelblume wird diese Haube in Feldkirch genannt. Interessant, das gleiche Motiv bei einer Haube im Metropolitan - New York Accession Number 06.1013
Tulpenhaube
Die Tulpe darf natürlich auch nicht fehlen. Hier gibt es sehr unterschiedliche Interpretationen, jede ein Schmuckstück. Hier eine neuere Haube von mir.
Tulpenhaube
Diese Haube mit Tulpenmotiv wurde von Frau Enzler-Wick 1952 ausgeführt und ist im Besitz der Trachtengruppe Feldkirch.
Orchidee
Schattenburg-Orchidee unter diesem Titel wird diese Haube in Feldkirch geführt. Auch die Trachtengruppe Bregenz besitzt eine Haube mit diesem Motiv.
Tiere und Früchte als Motiv....
Schmetterling
Die Natur überrascht uns ja mit unzähligen Schönheiten. Die Vielfalt der Schmetterlinge ist unerschöpflich. Farbtupfen auf sattfarbenen Flügeln. Pius Angehrn aus St.Gallen hat diese einzigartige Haube mit Edelsteinen geschmückt.
Schmetterling
Hier die Interpretation des Schmetterlings von Rosa Enzler-Wick. Ob sie das selbst gezeichnet hat wissen wir nicht. Sie arbeitete mit der Kunstmalerin Hedwig Scherrer zusammen, die ebenfalls Anfang bis Mitte des 20. Jhdt. im Trachtenwesen engagiert war.
Pfau
Eigentlich wollte ich einmal ein Vogelpaar in die Ranken der Goldornamente setzen. Letztlich bin ich bei diesem Pfauenrad mit Pfau auf dem Bödele gelandet. Dazu mußte ich die Handarbeitstechnik anpassen, was mich sehr gefordert hat.
Schneckenhauben von Rosa Enzler-Wick, Gossau St.Gallen
Abgesehen vom Motiv kann man an diesen Bildern die Entwicklung der Arbeitstechnik von Frau Enzler-Wick verfolgen. Die Hauben eins bis drei dürften vor 1930 entstanden sein.
Silberhaube St.Gallen
Sie konnte um diese Zeit die Breite der fortlaufenden Streifen nicht variieren. Dazu gibt es Schriftverkehr mit Frau Kinz, Bürgermeistersgattin aus Bregenz.
gleiche Haube in Gold - Ansichtskarte
"Bitte machen Sie die einzelnen Formen recht graziös geschwungen, nicht so wurmartig wie bisher ...in der Mitte ziemlich breit ...die Zwischenräume schmal..."
Schriftverkehr Enzler/Kinz
Diese wunderschöne Haube stammt auch aus dieser Zeit und ist im Besitz der Trachtengruppe Bregenz. Ich durfte einen kleinen Betrag zum Ihrem Erhalt leisten.
Schneckenhaube Bregenz
Frau Enzler hat ihre Technik ab 1930 weiterentwickelt, verbessert und ihren unverwechselbaren Stil gefunden. Haube aus dem Jahr 1969
Schneckenhaube Feldkirch
Granatapfel
Der Granatapfel ist ein Symbol für Leben und Fruchtbarkeit, aber auch für Macht. Macht sich auch in der Goldhaube besonders gut.
Datteln
Wie man am Bodensee auf Datteln kommt? Auf jeden Fall ein gelungenes Design und eine tolle Haube. Es gibt sie in Gold und in Silber.
Trauben und Zwiebeln
Trauben, Wein, Zwiebeln die Anspielung auf gutes Essen, Trinken, Geselligkeit und Lebensfreude.
Meine Schülerinnen und ihre Hauben
Martina
Hier hat die Schülerin den Lehrer übertroffen. Mut etwas Einmaliges zu schaffen, Kreativität, Detailverliebtheit und Präzision in der Ausführung entsprechen dem Charakter von Martina.
Ingrid
Mit viel Engagement und Durchhaltevermögen hat Ingrid nach ihren Vorstellungen dieses Motiv entworfen und letzendlich ausgeführt. Ein wirklich sehr gelungenes Werk und zu recht Stolz der Künstlerin..
Michaela
Michaela aus Nüziders und Christa aus Bürs haben für Ihre Vereine eine ganze Reihe dieser eleganten Hauben gefertigt. Gerne habe ich meinen Beitrag dazu geleistet.
Anna
Anna Peccoz habe ich auf dem Walsertreffen in Lech kennengelernt. In mehreren Besuchen und Gegenbesuchen ist eine Freundschaft entstanden. Für das Val Gressoney hat sie zahlreiche Trachten angefertigt. Für die Hauben wollte sie bei mir den "richtigen Stich" lernen.
Einige von Anna geschaffenen Kunstwerke
Alternative Ausführungen - Variationen - Regionale Unterschiede
Die Radhaube in Laméspitze ist, sowohl was die Materialkosten betrifft, als auch vom Arbeitseinsatz sehr aufwändig. Mit geringerem Aufwand bzw. mit im Handel verfügbaren Materialien einen vergleichbaren Effekt zu erzielen war das Ziel verschiedener Haubenmacher.
Schwarze Hauben stehen für Ästhetik, Eleganz oder auch Schlichtheit. Hier gibt es nochmals Unterschiede in bezug auf Materialien und Fertigungstechnik.
Zahlreiche Mischformen und regionale Besonderheiten bereichern die Palette an Haubenausführungen.
Haube aus dem Museum Obersdorf.- Besonders ist der große Schirm aus Tüllspitze.
Radhauben mit Goldklöppelspitzen - Palmettenhauben - Muschelspitze
Die sogenannte Palmettenhaube besteht aus einer hand- oder maschinell geklöppelten Metallspitze in Bandform. Den Namen hat sie vom häufig verwendeten Muster der Palmblätter. Sie ist im ganzen Bodenseegebiet sehr verbreitet und es gibt zahlreiche Variationen. Oft habe ich auch den Begriff Muschelspitze für diese Klöppelarbeit gehört.
Große Palmettenhaube aus dem Schattenburg- museum in Feldkirch
Silberhaube der Kunstmalerin, Pazifistin und Trachtenförderin Hedwig Scherrer aus Montlingen/CH - Museum Prestegg, Altstätten/CH
Sehr alte Haube aus dem Schattenburgmuseum in Feldkirch
Imposante Haube aus Ehingen
Goldene Palmettenhaube aus Bludenz in geschwungener Form
Frau Waltraud Steeb und das Stadtmuseum Ehingen sind Ansprechpartner nicht nur für diese Spielart der Spitze.
Hauben aus individuell geklöppelter Goldspitze sowie Abenberger Spitze
Diese Ausführungen der Spitze findet man in Radolfzell und Allensbach. Obwohl es auch in Radolfzell sehr alte Hauben in Laméspitze gibt, hat sich hier die Haubenform mit individuell geklöppelter Goldspitze etabliert. In der ersten Hälfte des 20. Jhdt. war es kaum möglich Laméspitze zu bekommen. Die Radolfzeller gingen offensichtlich zwei Wege. Einmal bauten sie eine Zusammenarbeit mit Abenberg, einem Zentrum für Goldspitze in Bayern, auf und verwendeten diese Spitzen - Bild 1. Auf der anderen Seite setzten sie auf die klassische Klöppeltechnik, allerdings mit Metallfaden - Bilder 2 und 3. Frau Vera Rieger aus Allensbach ist hier als Küstlerin bekannt, die solche Hauben macht.
Auch Schlesierinnen im heutigen Deutschland tragen Radhauben mit dieser Klöppelspitze in Erinnerung an ihre angestammte Heimat - letztes Bild.
Haube aus Radolfzell - Abenberger Spitze
Haube - Klöppeltechnik in Arbeit
© Stadtverwaltung Radolfzell
neue Haube aus Radolfzell
© Trachtengruppe Alt-Radolfzell e.V.
Schlesierin getroffen an der Europeade 2015 in Helsingborg, Schweden
Hauben aus Chenille
Chenille ist vom französischen Wort für „Raupe" abgeleitet. Es ist in unserem Fall ein Garn mit einer samtartigen Oberfläche. Zahlreich sind die Ausführungsvarianten der Radhauben aus Chenille, genauso wie die Verbreitung über den ganzen Bodenseeraum. In den folgenden Bildern ein kleiner Überblick. In Feldkirch werden die Hauben auch Bürgerhauben, im Gegensatz zu den Patrizierhauben, aus Goldlamé genannt.
Die Schleife verrät die Herkunft aus dem Raum Biberach. Aufwändige Laméspitze und Schmucksteine im Haubenboden.
Markant die Flechtung des Chenilles auf der Insel Reichenau. Wunderbar bestickte Böden bei diesen neuen Hauben.
Bürgerhaube aus dem Schattenburgmuseum Feldkirch ebenfalls mit gesticktem Boden.
In Teilen Vorarlbergs wird das Stützgestell als gestaltendes Element eingesetzt.
Michaela aus Nüziders mit ihrer neuen Haube
alte Trauerhaube aus Feldkirch
vor der Restaurierung,
nach der Restaurierung,
gedrilltes Chenille kombiniert mit schwarzem Tüll
Florradhauben
Genau wie bei den andereren Haubentypen ist auch hier die Vielfalt groß. Das ist ja das schöne an den Trachten, die alten, natürlichen Materialien und die aufwändige, liebevolle Anfertigung. Trotzdem ist jede Haube ein Unikat und der Stolz ihrer Trägerin. Auf Basis von alten Hauben in den Museen werden auch heute Prachtexemplare geschaffen. Vom Sarganserland im Süden, über Frastanz in Vorarlberg, bis an die Nordgrenze des Verbreitungsgebiets findet man diese elegante Ausführung.
Die Fältleshaube
Eher selten sind Fältleshauben. Man findet sie in der Biberacher Gegend. Im Museum in Kürnbach, Bad Schussenried nahe Biberach kann man solche Hauben bestaunen, ein Besuch dieses Museums ist sowieso lohnend. Hier wird die umfangreiche Haubensammlung Hohl ausgestellt. Ähnlich ist die weiße Haube aus Lauterbach ganz rechts.
Radhauben aus aller Welt
Schlesien
Russland
Thailand
Mähren, Niederösterreich
Indianische Kopfbedeckung
Verbreitung der Radhaube im Bodensee-Gebiet
und südlich der Alpen
Das Bild zeigt in etwa die Verbreitung der Radhaube im Bodensee-Gebiet sowie in Gressoney südlich der Alpen.
Östlich davon findet man die so genannte Reginahaube die eine gewisse Ähnlichkeit aufweist, in München die Riegelhaube. Bei beiden Hauben gibt es auch Ausführungen in der Laméspitze.
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